Die Parlamentswahlen am letzten Wochenende in Portugal brachten zwei Dinge hervor: ein gespaltenes Parlament und ein Wiederaufleben der extremen Rechten. Zum ersten Mal seit der Nelkenrevolution werden die nationalistischen Kräfte des Landes eine entscheidende Rolle in Portugals politischer Zukunft spielen.
Der Begriff Estado Novo (portugiesisch für Neuer Staat) steht für die von António de Oliveira Salazar gegründete ständestaatlich orientierte autoritäre Diktatur in Portugal zwischen Anfang der 1930er Jahre und 1974. Als sein Nachfolger regierte von 1968 bis 1974 Marcelo Caetano.
50 Jahre später sind die nationalistischen Kräfte in Portugal wieder da. Chega, die populistische Rechtspartei, ist in den fünf Jahren seit ihrer Gründung durch den Rechtsanwalt und Sportkommentator André Ventura zu Portugals drittgrösster politischer Kraft herangewachsen.
Ventura gehörte ursprünglich der Mitte-rechts-Partei Partido Social Democrata (PSD) an. Nach einer Kontroverse um abfällige Bemerkungen über die Roma-Ethnie fiel er dort in Ungnade. Zwei Jahre später gründete er Chega und beschrieb sie als gegen das Establishment gerichtet und nationalistisch.
Chega verstolperte das Debüt bei den Europawahlen 2019, weil Ventura die wichtigste Wahlkampfsendung ausliess, um an einer Fussballtalkshow teilzunehmen.
Ventura beschuldigte die Mitglieder der Roma-Gemeinschaft wiederholt, das Sozialhilfesystem auszunutzen und ein «chronisches Problem» von «Kriminalität und Gewalt» darzustellen. Während der Coronazeit sorgte Ventura erneut für Kontroversen, als er vorschlug, einen «spezifischen Abriegelungsplan für Roma-Gemeinschaften» zu erstellen. Er schlug sich also nicht wirklich auf die massnahmenkritische Seite.
Rassistische Kontroversen, zum Beispiel als Ventura in den sozialen Medien schrieb, eine schwarze Abgeordnete solle «in ihr eigenes Land zurückkehren», begleiteten den Aufstieg von Chega. Ventura wurde auch Islamophobie vorgeworfen, nachdem er behauptet hatte, die «islamische Welle» stelle eine «reale Gefahr» für Europa dar.
Chegas Wachstum als politische Kraft wurde von einer Reihe radikaler Vorschläge begleitet, darunter der Versuch, die chemische Kastration als Strafe für einige Sexualstraftäter einzuführen. Chega befürwortet eine härtere Einwanderungspolitik und setzt sich für strengere Strafen und die Wiedereinführung der Todesstrafe ein.
Die Partei übernahm 2021 das Motto: «Gott, Land, Familie und Arbeit» – eine Anlehnung an Salazar’s Motto, «Gott, Land, Familie».
Bei der Wahl am Sonntag festigte die Partei ihre Position als Portugals drittgrösste politische Kraft und wird nun mindestens 48 der 230 Sitze im Parlament haben.