«Laut einer neuen Studie von Forschern der Universität Maryland werden immer mehr Kindern und Jugendlichen mehrere Psychopharmaka zur gleichzeitigen Einnahme verschrieben», schreibt die New York Times. «Dieses Phänomen nimmt zu, obwohl davor gewarnt wird, dass die gleichzeitige Verabreichung von Kombinationen von Psychopharmaka bei jungen Menschen weder auf ihre Sicherheit noch auf ihre Auswirkungen auf das sich entwickelnde Gehirn hin untersucht wurden.»
In der Studie, die vor einigen Tage im Fachmagazin JAMA Open Network veröffentlicht wurde, wurden die Verschreibungsmuster untersucht von Patienten, die jünger als 17 Jahre waren und die von 2015 bis 2020 in einem einzigen US-Bundesstaat, dessen Namen die Forscher nicht nennen wollten, beim Gesundheitsfürsorgeprogramm Medicaid angemeldet waren.
In dieser Gruppe habe es einen 9,5-prozentigen Anstieg der Häufigkeit (Prävalenz) der «Polypharmazie» gegeben. Polypharmazie wird dabei definiert als die Einnahme von drei oder mehr verschiedenen Klassen psychiatrischer Medikamente, darunter Antidepressiva, stimmungsstabilisierende Antikonvulsiva, Beruhigungsmittel und Medikamente gegen ADHS und Angstzustände.
In der Studie sei zwar nur ein US-Bundesstaat untersucht worden, doch andere Studien bestätigten die Ergebnisse. So sei in einer kürzlich erschienenen Studie, die auf Daten des National Ambulatory Medical Care Survey beruht, festgestellt, dass im Jahr 2015 etwas mehr als 40 Prozent der US-Amerikaner im Alter von zwei bis 24 Jahren, die ein Medikament gegen ADHS erhielten, auch eine zweite psychoaktive Substanz (Psychopharmakon) einnahmen.
Im Jahr 2006, habe der Prozentwert noch bei 26 Prozent gelegen. Das bedeutet einen Anstieg innerhalb von nur neun Jahren um knapp 15 Prozentpunkte bzw. 57 Prozent. Die New York Times:
«Die neuesten Daten der Forscher der University of Maryland zeigen, dass diese Praxis zumindest in einem Bundesstaat weiter zunimmt und ‹bei Jugendlichen, die behindert waren oder in Pflegefamilien lebten, deutlich häufiger vorkam›, wie es in der Studie heisst.»
Die Autoren schlussfolgern:
«Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, die Verwendung von Psychopharmaka-Kombinationen zu überwachen, insbesondere bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen wie Jugendlichen, die in Medicaid eingeschrieben sind und eine Behinderung haben oder in Pflegefamilien leben.»
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