Wie die Medien am Donnerstag meldeten (hier und hier), drehte sich der Fall um die Zwangsimpfung von zwei Buben (9 und 11) im Rahmen eines Elternstreits im Schweizer Kanton Baselland. Der Vater befürwortete die Impfung gegen Masern, während die Mutter dagegen war.
Das Bundesgericht hatte 2020 festgelegt, dass die zuständige Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) im Falle von Uneinigkeit der Eltern über die Impfung entscheiden sollte, unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Es stiess damit gerade in dem Moment die bisherige Praxis um, wonach bei Uneinigkeit «nein» gilt, als Politiker landauf landab im Zusammenhang mit Corona beteuerten, Zwangsimpfungen würde es nie geben.
Das BAG empfiehlt die Masernimpfung, es sei denn, es liegen gesundheitliche Risiken vor, die nach medizinischer Abklärung in diesem Fall nicht vorlagen. Die KESB sollte demnach die Zwangsimpfung durchsetzen, wenn nötig mit Polizeigewalt.
In einem Brief an die Mutter betonte die Behörde, dass es nicht akzeptabel sei, die elterliche Verantwortung auf die Kinder zu übertragen und rechtlich verbindliche Anordnungen zu umgehen. Das Bundesgericht wolle in Impffragen keine Pattsituation, da keine gesundheitlichen Gründe für eine Nichtimpfung vorlagen.
Was die Medien nicht schreiben: Die Mutter war gar nicht gegen die Impfung. Es waren die Kinder, die diese nicht wollten, weil sie in ihrem Umfeld andere Kinder gesehen hatten, die nach ebendieser Impfung unter gesundheitlichen Problemen litten. Die Mutter hatte ihre Kinder allerdings unterstützt und geschützt.
Die erste Behörde, die zur Deeskalation beitrug, war die Polizei. Die Verhältnismässigkeit – Voraussetzung für jedes staatliche Handeln – sei in diesem Fall nicht gegeben, belehrte die Baselbieter Polizei. Deshalb komme ein Polizeieinsatz nicht in Frage.
Zusätzlich wurde dann im Spätherbst noch der für die Zwangsimpfung vorgesehene Impfstoff in der Schweiz vom Markt genommen. Der die Buben unterstützende Verein hatte in diesem Zusammenhang Probleme entdeckt.
Nun entschied die KESB, auf die Zwangsimpfung zu verzichten. Die Begründung lautet, dass die Situation der betroffenen Kinder eskaliert sei. Wir haben hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier über diesen Fall berichtet.
Kommentar von Transition News:
- Die Begründung der KESB mutet seltsam an. Es waren wohl eher das Bundesgericht und die KESB, die die Eskalation durch die Praxisänderung verursacht haben.
- Der Fall hätte sich leicht schon im Spätsommer lösen lassen, weil nämlich Formfehler begangen wurden. Die KESB hätte erkennen können, dass gemäss UNO-Kinderrechtskonvention die Kinder hätten befragt werden müssen, was nicht geschehen ist.
- Das Bundesgericht hat mit der Anordnung einer Zwangsimpfung eine rote Linie überschritten, von der Politiker sagten, dass man sie nie – auch nicht in Notzeiten – überschreiten werde. Es geht hier um die körperliche Integrität und die freie Verfügungsgewalt über den eigenen Körper.
- In einer Zeit, in der Eltern über den Handyvertrag ihrer Kinder entscheiden dürfen, aber beispielsweise nicht über eine Corona»impfung», dann muss auch gelten, dass Kinder eine solche Behandlung verweigern dürfen.
Ende gut alles gut? Nicht ganz.
- Die KESB hat wohl eher klein beigegeben, weil sie musste, nicht des Kindswohls wegen (der Impfstoff war nicht mehr da und die Polizei wollte nicht).
- Die KESB betont, dass diese Neubeurteilung nicht zum Standard werden soll und dass sie sich an die klaren Leitlinien des Bundesgerichts halten werde. Der Entscheid der KESB kann von allen betroffenen Parteien angefochten werden, und im Falle einer Anfechtung müsste ein Gericht die Situation erneut beurteilen.
Das heisst:
- Fortsetzung folgt (eventuell, hoffentlich nicht).
- Bei ähnlichen Fällen würden sich Gerichte wieder an diesem Bundesgerichtsurteil orientieren, bis dieses sein Leiturteil umstösst und zur alten, bewährten Regelung zurückkehrt.
- In der Zwischenzeit heisst das für alle betroffenen Eltern: Einigt Euch betreffend der Impfungen der Kinder! Wo kein Kläger ist, da ist auch kein Richter! Landet eine Meinungsdifferenz in dieser heiklen und politisierten Angelegenheit einmal bei der KESB oder den Gerichten, dann ist der Verlauf kaum abzusehen.
- Die beiden Buben und ihre «Mutter Courage» sind hingegen zu beglückwünschen. Die Redaktion von Transition News wünscht ihnen von ganzem Herzen Frohe Weihnachten.
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