Der Themenblock «Recht» des Symposiums wurde von der Anwältin und Mediatorin Andrea Staubli moderiert. In ihren einführenden Worten kam sie auf den französischen Philosophen der Aufklärung Montesquieu zu sprechen.
Montesquieu war der Philosoph der Gewaltentrennung: Das Parlament, die Legislative, die Regierung als Exekutive und die Gerichtsbarkeit, die Judikative – drei Institutionen, die unabhängig voneinander sind und einander kontrollieren und in Schach halten. Dieses Prinzip wurde in der Schweiz mit der Bundesverfassung von 1848 eingeführt. Das politische System ist hierzulande so austariert, dass es Konzentration von Macht bei einzelnen Institutionen und Personen verhindert.
In der «Corona-Zeit» hat der Bundesrat gestützt auf Notrecht, auf das Epidemiegesetz und auf das in aller Eile erlassene Covid-Gesetz regiert. Gemein waren diesen drei Vorlagen, dass durch sie gesetzgebende Kompetenzen an den Bundesrat, also die Landesregierung, delegiert wurden und es deshalb in dieser Zeit zu einer Machtverschiebung und zu einem Übergewicht der Exekutive kam. Das Parlament vertagte sich zum Beispiel am 15. März 2020 für ein halbes Jahr!
Staubli stellte fest, dass die Massnahmen, die der Bundesrat erliess, die Grundrechte massiv einschränkten, und stellte die Frage in den Raum, ob das, was passierte, auch verfassungskonform war.
Sicher sei, dass es nicht harmlos war. Das Parlament habe zu wenig entschieden und zu viel delegiert, und es stelle sich auch die Frage nach der Unabhängigkeit der Richter in dieser Zeit.
Damit führte sie den ersten Referenten, Rechtsanwalt Philipp Kruse (siehe hier und hier) ein, der ein brillantes, wenn auch eher komplexes Plädoyer für eine Aufarbeitung hielt. Dieser begründete im Folgenden, dass das Legalitätsprinzip teilweise durch Willkür abgelöst wurde. Es gäbe beispielsweise ein absolutes Verbot, Menschen an Versuchen teilnehmen zu lassen, ohne dass sie vollständig informiert worden sind und ihr Einverständnis erklärt haben. Und dieses Verbot sei bei der «Impfung» verletzt worden.
Die Schweiz hat kein Verfassungsgericht und brauche keines, fuhr Kruse fort – wegen der direkten Demokratie. Aber dann müssten, wie das vorgesehen ist, schwerwiegende Einschränkungen der Grundrechte direkt in einem Bundesgesetz geregelt werden und könnten eigentlich nicht per Notrecht oder Kompetenzdelegation verfügt werden.
Anders ausgedrückt: Der obligatorische Militärdienst für Männer ist zwar ein schwerwiegender Grundrechtseingriff, aber weil er in einem referendumsfähigen Bundesgesetz geregelt ist, geht das in Ordnung. Die Zertifikationspflicht – auch ein schwerwiegender Eingriff – wurde aber via Kompetenzdelegation vom Bundesrat eingeführt und begründet deshalb eine heikle Kompetenzverschiebung.
Es sei, sagte Kruse, in sämtliche Grundrechte schwer eingegriffen worden. Das bedürfe einer maximalen Erwartung an die Rechtfertigung. Alle juristischen Kommentare sagen, dass das Epidemiegesetz nur bei ganz schweren, übertragbaren Krankheiten greife – positive PCR-Tests würden nicht genügen. Kruse sagte deshalb, dass der Bundesrat spätestens im Sommer 2020 die Massnahmen hätte aufheben müssen.
Der Rechtsanwalt machte zwei weitere Punkte geltend: Die Qualitätskontrolle gemäss Epidemiegesetz sei nie erfolgt und der Evaluationsbericht beim zuständigen Bundesamt habe wichtige Fragen nicht geprüft. Ausserdem würde die Justiz dem Bundesrat in Zeiten einer Pandemie einen erweiterten Ermessensspielraum zubilligen. Nebst der Legislative würde das auch die Judikative schwächen und der Willkür Tür und Tor öffnen.
Viele Jahrhunderte sei in Europa für Meinungsfreiheit gekämpft worden, schloss Kruse. Wir wollen Antwort auf die Frage nach dem Warum in Bezug auf die Eingriffe. Und die Versicherung, dass das, was passiert ist, nie mehr passiert.
Der Jurist Ralph Studer kommentierte daraufhin die geplante Revision des Epidemiegesetzes (wir haben bereits hier darüber berichtet).
Zuerst monierte der Referent die grosse Eile bei dieser «Teilrevision», die eigentlich einer Totalrevision gleichkomme. Die Arbeiten begannen schon im Juni 2020. Die implizite Annahme ist: Covid-19 war gefährlich, die Massnahmen gut und verhältnismässig und es gab dazu keine Alternativen. In diesem Gesetz bekommt der Bundesrat einen weiten Ermessensspielraum und kann Kantone entmachten. Es gibt dabei keinen wirklichen Rechtsschutz, das Gesetz verankert eine klare Impfstrategie, wobei es den Begriff «Impfung» nicht definiert – es kann daher auch mRNA sein.
Wie in den WHO-Verträgen wird der One-Health-Ansatz im Schweizer Recht verankert – kurz: das, was notrechtlich oder durch das Covid-Gesetz möglich wurde, soll ins ordentliche Recht überführt werden.
Die Vorlage ist referendumsfähig und es gilt als sicher, dass dieses auch ergriffen wird. Somit dürfte das Schicksal des Gesetzes an der Urne im Verlaufe des Jahres 2026 entschieden werden.
Kommentar Transition News
Man kann nur hoffen, dass nebst den WHO-Verträgen nun auch die Revision des Epidemiegesetzes einer breiten Öffentlichkeit bekannt wird. Dann besteht eine Chance, dass diese beiden Gesetzesvorlagen an der Urne abgelehnt werden und die Gewaltenteilung zu einem guten Teil wiederhergestellt wird.
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