Vermeintlich grüne und nachhaltige Energien werden im Rahmen des Great Reset, des Green New Deal oder der Agenda 2030 mit aller Gewalt vorangetrieben, denn es handelt sich um einen boomenden Geschäftszweig. Beim Wettlauf um den grössten Teil des Kuchens, könnten Umwelt und Ökosysteme geschädigt werden, doch das scheint keine Rolle zu spielen.
Das hat sich Ende März auch bei einer Sitzung der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) in Kingston, Jamaika, gezeigt. Diese Behörde wurde vor 30 Jahren im Rahmen des UN-Seerechtsübereinkommens gegründet und hat die Aufgabe, den Meeresboden in internationalen Gewässern – die etwa die Hälfte der Weltmeere ausmachen – zu schützen.
Ziel des jüngsten Treffens war es, die Regeln für den kommerziellen Abbau von Metallen wie Kobalt, Mangan und Nickel festzulegen. Diese Metalle werden in immer grösseren Mengen benötigt, vor allem für sogenannte «grüne» und «nachhaltige» Energien wie die Batteriespeicherung.
Doch der Schutz der Meere scheint bei der ISA ins Hintertreffen zu geraten. Wie das Portal Nature informiert, wächst bei Forschern die Sorge, dass der endgültige Text übereilt verfasst wird, nicht zuletzt, weil einige Länder wie China, Indien, Japan und Südkorea die kommerzielle Ausbeutung von Tiefseemetallen vorantreiben wollen. Schon 2025 soll mit den Ausgrabungen begonnen werden.
Laut Nature dominiert China das weltweite Angebot an kritischen Mineralien und verfügt bisher über die meisten Lizenzen zur Erkundung des Meeresbodens. Diese Genehmigungen erlauben keine kommerzielle Ausbeutung, doch offensichtlich soll sich das ändern. So will das Unternehmen The Metals Company mit Sitz im kanadischen Vancouver voraussichtlich schon Ende Juli eine kommerzielle Genehmigung beantragen.
Für eine solche Eile gebe es kaum eine Rechtfertigung, kritisiert Nature. Denn der kommerzielle Meeresbodenbergbau sei aus einem bestimmten Grund nicht erlaubt:
«Es ist zu wenig über das Ökosystem der Tiefsee bekannt, zum Beispiel über seine biologische Vielfalt, seine Wechselwirkungen mit anderen Ökosystemen und die Auswirkungen von Störungen durch kommerzielle Aktivitäten. Solange die Ergebnisse langfristiger Studien nicht vorliegen, müssen die riesigen Unterwasserroboter, Bohrer und Pumpen, die bereits einsatzbereit sind, geparkt bleiben.»
Doch Forscher hätten gegenüber Nature erklärt, dass man bei der Ausarbeitung der Vereinbarungen versuche, wichtige Sorgfaltspflichten zu umgehen. So gebe es noch offene Fragen, zum Beispiel, was als akzeptabler Grad der Umweltschädigung gelte und wie viel die Auftragnehmer der ISA für das Recht auf Mineralienabbau zahlen sollten.
Nach Veröffentlichung des neuesten ISA-Entwurfs zu den Bergbauvorschriften, der 225 Seiten umfasst, seien Forscher und Naturschutzgruppen beunruhigt, teilt Nature mit. Denn sie hätten festgestellt, dass dieser im Gegensatz zu früheren Entwürfen Vorschläge enthält, die das Verfahren für die Erteilung kommerzieller Genehmigungen beschleunigen und den Umweltschutz schwächen würde.
Besorgniserregend sei auch, dass einige der Änderungen im neuesten Text nicht durch eckige Klammern gekennzeichnet wurden - eine Praxis bei internationalen Verhandlungen, um Formulierungen hervorzuheben, die nicht von allen Parteien gebilligt wurden. Auch die Quellen für einige Änderungen habe man nicht angegeben.
Ebenso undurchsichtig: In einer früheren Version des Textes habe die ISA noch vorgeschlagen, Massnahmen zum Schutz seltener oder empfindlicher Ökosysteme aufzunehmen, diese Formulierung sei im neuesten Entwurf nicht mehr enthalten. Zudem sollen Bergbauanträge künftig innerhalb von 30 Tagen nach ihrem Eingang entschieden werden, anstatt die zweimal jährlich stattfindende Sitzung der ISA abzuwarten. Diese Idee werde von einigen Vertretern der Industrie unterstützt und sei auch im neuesten Entwurf enthalten.
Änderungen an Textentwürfen vorzuschlagen, sei bei Verhandlungen normal, aber nicht, wenn man nicht öffentlich bekannt gebe, wer sie vorschlage, betont Nature. Dies schade dem Vertrauen.
**********************
Unterstützen Sie uns mit einem individuellen Betrag oder einem Spenden-Abo. Damit leisten Sie einen wichtigen Beitrag für unsere journalistische Unabhängigkeit. Wir existieren als Medium nur dank Ihnen, liebe Leserinnen und Leser. Vielen Dank!
Oder kaufen Sie unser Jahrbuch 2023 (mehr Infos hier) mit unseren besten Texten im Webshop:
Kommentare