Der Themenblock «Medien» des Symposiums «Corona – Fakes und Fakten», das am 6. und 7. April in Bern stattfand, wurde von Prisca Würgler moderiert, der Verlegerin der Zeitschrift Die Freien. Sie ging vom Begriff «Die Vierte Gewalt» aus, die Missstände aufdecken sollte. Und sie stieg mit einer steilen These ein:
«So wie Corona war, wäre es nicht möglich gewesen ohne das Mitmachen der Medien.»
Was Würgler zuerst auffiel, war das Verhalten der Journalisten bei den Pressekonferenzen des Bundesrates. Die kritischen Fragen zielten immer in die Richtung, ob sich nicht noch schärfere Massnahmen aufdrängen würden – und eine kritische Wahrnehmung gebe es bis heute nicht.
Vieles sei schon damals bekannt gewesen. Hätte nicht die Standleitung des CEO des Ringier-Verlags, der die Boulevardzeitung Blick herausgibt, ins Departement des Gesundheitsministers, mit denen sich Bundesrat Alain Berset und eines der wichtigsten Presseorgane eng abstimmten, die beiden sofort den Job kosten sollen? fragte Würgler rhetorisch. Walder sei noch im Amt und Berset erst Ende 2023 zurückgetreten, um für ein Amt in Strassburg zu kandidieren.
Würgler war damals Lehrerin. Sie weigerte sich, bei den Kindern Masken- und Testpflichten durchzusetzen – und wurde deshalb entlassen. Sie sieht sich selber als Medienopfer, gibt sich nun aber mit einer eigenen Publikation eine Stimme und eine Möglichkeit, Dinge richtigzustellen.
Der zweite Referent war Martin Hasler, seines Zeichens 40 Jahre Videojournalist bei der Bundeshausredaktion der öffentlich-rechtlichen Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG). Heute ist er Postautofahrer. Er kündigte seinen Job, weil er der Überzeugung ist, dass Medien kritisch berichten sollten, das aber nicht taten.
Wie konnte es so weit kommen, dass alle abweichenden Meinungen unterdrückt werden? Das ist die Frage, unter die er sein Referat stellte. Antwort eins ist für ihn: die Factchecker. Aber: Wer kontrolliert die Factchecker und wer finanziert sie?
Er kam dann auf das Bild der Medien als vierte Gewalt zu sprechen. Diese seien tatsächlich die Vierte Gewalt. Aber nicht so, wie wir uns das gemeinhin vorstellen. Die Journalisten hätten sich in ihrer Angst zu Hofberichterstattern degradieren lassen, kritisierte Hasler. Bei den Pressekonferenzen des Bundesrates seien nur eine Anzahl handverlesener Journalisten zugelassen worden – die kritischen mussten draussen vor der Tür bleiben. Das sei verfassungswidrig.
Diese Praxis sei auf wenig Widertand gestossen, weil es schon immer eine problematische Nähe zwischen Journalisten in Bern und der Bundesverwaltung gäbe. Viele Journalisten hofften, dereinst eine lukrative Stelle in der Kommunikation bei der Bundesverwaltung ergattern zu können und sind per Du mit höheren Verwaltungsangestellten oder sogar mit Bundesräten.
Die Schlussfolgerung von Hasler: Die Massnahmen wären anders ausgestaltet worden, wenn die Medien richtig gearbeitet hätten – so, wie es bei der Schweinegrippe zumindest ab einem späteren Zeitpunkt funktioniert hat.
Philipp Gut ist wohl der bekannteste Journalist unter den Referenten. Er begann seine Karriere bei der Weltwoche. Bei diesem Blatt war er viele Jahre stellvertretender Chefredaktor. Die ausserordentliche Brillanz seines Referats und seines Auftritts war wohl auch der Tatsache geschuldet, dass er heute auch als Fernsehmoderator tätig ist.
«Das Versagen geht weiter. Bis heute.»
Das war seine Einstiegsdiagnose. Und weiter im Takt ging es mit folgenden Stichworten: Komplizenschaft, ideologische Deckungsgleichheit, keine kritische Haltung, Panikorchester, Schere im Kopf, Herdentrieb, Blase in Bern. Auch er ging dann auf den Fall Walder ein: Entschuldigungen seien verlogen und das Ganze sei kein Einzelfall.
Es seien in den Medien krasse Dinge gesagt worden wie «jetzt muss Berset die Gegner endlich zur Impfung zwingen». Die Medien hätten immer noch nach mehr Massnahmen gerufen, während auch das, was die Schweiz tat, hart an der Grenze des Rechtsstaates gelegen habe.
Auch Gut sieht den sogenannten «Drehtüreneffekt», also die Praxis der Journalisten, in die Kommunikation oder anderswo in die Bundesverwaltung zu wechseln. Deshalb gebe es bis heute keine Aufarbeitung.
Der geschickte Rhetoriker Gut vermittelte dann aber doch gegen Schluss des Referates etwas Hoffnung: Die Tatsache, dass zum Beispiel das Mediengesetz in einer Referendumsabstimmung abgelehnt wurde, zeige, dass die Lage nicht hoffnungslos sei.
Der Referent stellte dann diese Befunde in einen allgemeinen Zusammenhang und erwähnte hier die Tendenz zum «Nanny State», den «Gender Gaga» und den sich verengenden Meinungskorridor.
Und Gut schloss mit Kant: «Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen.»
Die letzte Referentin war Sonja L. Bauer. Sie ist Redaktorin beim Berner Landboten, einer kleinen, aber feinen Zeitung, die den Raum zwischen Bern und Thun abdeckt.
Während der «Coronazeit» schrieb sie in ihrer vierzehntäglichen Kolumne kritisch über die Coronamassnahmen. Sie erwartete dann Kritik oder sogar einen Shitstorm. Aber das Feedback war überwiegend positiv. Bauer sagte nicht, dass es das Coronavirus nicht gibt, aber sie möchte, dass Fehler eingestanden werden.
Ihr Anliegen: «Der kranke Menschenverstand soll gesunden», und Aldous Huxley und George Orwell – die Autoren der bekanntesten klassischen, dystopischen Romane – würden sich im Grab umdrehen, wenn sie sähen, was alles Realität geworden sei, meinte Bauer. «Wo seien die Investigativjournalisten geblieben?», fragte sie in die Runde. Und sie gab noch eine weitere Antwort, die das, was Gut und Hasler sagten, gut ergänzte:
«Journalisten müssen so etwas wie Macht gespürt haben.»
Aber Sonja L. Bauer ist nicht nur Journalistin, sondern auch Mutter. Aus den Erfahrungen in ihrem Umfeld und dem, was ihre Kinder erzählten, erwähnte sie: Gruppendruck in der Schule, Schaffen eines schlechten Gewissens, Impfdruck in der Schule, Menschen, die isoliert und vereinsamt gebrochenen Herzens starben.
Für die Gesellschaft heilend wäre gewesen, wenn man ab und zu gesagt hätte: «Wir wissen es nicht. Diese Erkenntnis ist eine Errungenschaft», schloss Bauer.
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